Nun es ist klar, dass ein negativer Preis nicht nachhaltig bestehen kann. Also ein idealer Zeitpunkt um auf steigende Preise zu spekulieren?

So einfach ist das nicht. Zuerst einmal muss man wissen, dass man als Investor (ohne entsprechende Lagermöglichkeiten), Öl nicht kaufen kann. Es gibt auch keine Zertifikate die physisches Öl repräsentieren. Was an der Börse gehandelt wird, sind Futures. Üblicherweise handelt es sich hierbei um 6-Monats-Futures. Bei einer längerfristigen Veranlagung in Öl müssten diese Futures daher am Ende ihrer Laufzeit immer wieder gegen neue Futures getauscht werden.

Dabei ist zu beachten, dass die Futures nicht den Wert des Öls repräsentieren, sondern lediglich die Erwartungshaltung des Marktes bezüglich des Ölpreises in 6 Monaten, wiederspiegeln. Liegt der erwartete Preis unter dem aktuellen spricht man von Backwardation, im umgekehrten Fall von Contango. D.h. der Investor wettet auf Preise mit einem Horizont von bis zu 6 Monaten, was bei Spekulationsgeschäften in volatilen Märkten ein relativ langer Anlagehorizont ist. Dabei gewinnt er nur dann, wenn der Ölpreis am Ende der Laufzeit tatsächlich höher als vom Markt erwartet ist.

Da die Futures zurzeit um rund USD 20 gehandelt werden obwohl der Ölpreis derzeit bis zu 40 USD unter Null notiert (Contango) kann der Investor nur gewinnen wenn der Ölpreis in 6 Monaten über USD 20 liegt, dh wenn der Ölpreis um mehr als USD 60 steigt. Dh es gibt für einen Investor keine Möglichkeit von einem Preisanstieg auf USD 20 zu profitieren. Im Gegenteil steigt der Ölpreis „nur“ um USD 55 auf USD 15 verliert der Investor.

Darüber hinaus braucht der Investor starke Nerven. Geht der Markt davon aus, dass der Erdölpreis lediglich auf USD 10 steigt, kann es sein, dass der Future nur bei USD 10 notiert obwohl der Ölpreis schon längst auf USD 20 oder darüber gestiegen ist. Dh der Investor kann nicht von zwischenzeitlichen Kurssteigerungen profitieren, sondern muss mit seiner Preiswette eine Punktlandung beim Auslaufen des Futures machen.

Der Investor kann aber auch Glück haben und der Markt erhöht seine Erwartungshaltung, so dass der Investor bereits Kasse machen kann, ohne dass der Ölpreis die Erwartung des Marktes erfüllen muss.

Sinkt allerdings die Preiserwartung des Investors während der Laufzeit des Futures wird er versuchen zu verkaufen auch wenn der derzeitige Ölpreis über dem Preis des Futures liegt. Ein Spekulationserfolg wird sich daher nur einstellen, wenn sich der Ölmarkt über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten stabil positiv entwickelt bzw. einen kontinuierlich positiven Ausblick behält.

Dabei ist zu beachten, dass das Angebot relativ unelastisch ist, da die Erdölindustrie im Wesentlichen verstaatlicht ist und der Markt entscheidend von einem Kartell, der OPEC, kontrolliert wird. Änderungen der Fördermenge durch die erdölproduzierenden Länder wirken daher immer disruptiv. Da auch die Nachfrage relativ unelastisch ist, führt das dazu, dass bereits ein relativ geringes Über- oder Unterangebot relativ große Preisänderungen zur Folge hat.

Im Wesentlichen muss ein Investor daher darauf spekulieren, dass sich der Markt während der Laufzeit des Futures unerwarteter Weise positiver entwickelt als gedacht und dass gemäß Markteinschätzung diese positive Entwicklung auch über das Ende der Laufzeit des Futures anhält.